Bürstenstriche
Und da war noch …
... die Sache mit den 100 Bürstenstrichen
Ein Beitrag unserer Kolumnistin C. Eißing
Sicher bin ich nicht die / der Einzige, die / der mit der Empfehlung von täglich einhundert Bürstenstrichen für das glänzende Traumhaar aufgewachsen ist.
Dieser Hinweis stammt nachweislich aus einer Zeit, in der Haarwäsche eine Seltenheit war und zudem als ungesund erachtet wurde. Im 19. Jahrhundert trug die Dame / der Herr von Welt nämlich eine schicke Perücke und benutzte Floh- plus Veilchenpulver, welches den Haartalg absorbierte und vom Personal mühsam ausgebürstet werden musste.
Aber funktioniert der Rat einer wohlmeinenden Großmutter heute noch?
Ja! Und dafür gibt es eine logische Erklärung, wie mir die Friseurin meines Vertrauens versicherte.
Gebürstetes Haar erscheint gesünder, da die Haarschuppen geglättet werden und dadurch das Licht stärker reflektiert, wodurch die Pracht glänzender wirkt. Zusätzlich wird die Durchblutung der Kopfhaut angeregt sowie die Talgproduktion, die wie ein natürlicher Pflegestoff wirkt, sodass sich das Haar geschmeidiger anfühlt.
Das Ganze macht allerdings nur dann Sinn, wenn man natürliche Bürsten verwendet.
Zunächst einmal der Korpus, der aus Olivenholz, Buche, Nuss- oder Birnbaum gefertigt wird. Je nach Verwendungszweck werden unterschiedliche Borsten verarbeitet. Pferde- und Kaschmirziegenhaar ist wunderbar weich und wird für die Gesichtspflege benutzt. Für Haar- und Körperbürsten nutzt man teilweise gröberes Ziegenhaar und vor allem Wildschweinborsten, da diese sehr elastisch und widerstandsfähig sind. Naturborsten ähneln im Aufbau unserem Haar, weshalb sie das menschliche Fett (Sebum) gut aufnehmen und verteilen können.
Normalerweise trägt jeder Mensch zwischen 75.000 und 150.000 Haare auf dem Kopf, wobei man durchschnittlich 100 Haare pro Tag verliert. Also keine Sorge, wenn in der Bürste ein paar Haare hängen bleiben ... sie wären vermutlich sowieso in absehbarer Zeit ausgefallen.
Die über 5000 Jahre alte indische Heilslehre Ayurveda empfiehlt das tägliche morgendliche Bürsten des gesamten Körpers, auch 'Gharsana' genannt. Ziel ist es, die Lymphflüssigkeit in Richtung Herz zu bewegen, um sogenannte Schlackenstoffe aus dem Körper zu leiten. Es macht Morgenmuffel munter, kurbelt die Durchblutung an und entfernt alte Hautschüppchen. Dabei ist es gleichgültig, ob man trocken oder nass bürstet, aber bitte nicht übertreiben!
Laut Pfarrer Kneipp sind Bürstenmassagen aber nicht nur 'Streicheleinheiten' für die Haut; ruhiges und sanftes Behandeln bewirkt durch den mechanischen Reiz auch eine wirksame Entspannung und Wohlbefinden für Geist und Seele. Neben einer Anregung des Herz-Kreislauf-Systems und des Hautstoffwechsels, einer Förderung der Durchblutung und einer Regulation des Blutdrucks können durch die Stimulation der sogenannten Head’schen Zonen auch innere Organe positiv beeinflusst werden.
Noch ein Tipp für die etwas Ungelenkigeren unter uns:
Es gibt auch Badebürsten mit besonders langem Stiel – perfekt für Rücken und Beine.
Dennoch: In puncto Zartheit und Gründlichkeit geht nichts über eine feine Katzenzunge.